Karl Otto Götz

 

Gaul


Sausenheimer Honigsack

treibt Wurzeln in der Tiefe.

Anschließend steigt er auf,

um kristallinisch zu verdampfen.


Sausenheimer Höllenpfad

verliert sich im Getriebe.

Im kleinen Kreise dreht er sich,

trennt Wasser von Aroma.


Ein Gaul springt hoch auf einen Turm

von Thomeczek errichtet.

Sein Aug’ erspäht unendlich scharf

im Nebellicht die Ferne.

Wegbereiter des deutschen Informel

Eine entscheidende Rolle spielt im Informel, und insbesondere im Götz’schen Malvorgang, das Phänomen der Bewegung, welches oftmals zum eigentlichen Bildinhalt wird. In diesem Sinne zählt Götz, neben seinen Kollegen K.R.H. Sonderborg und Fred Thieler, zu den deutschen Protagonisten der „Aktionsmalerei“, währenddessen etwa in den Werken eines Bernard Schultze oder Gerhard Hoehme Aspekte des Phantastischen, Lyrischen überwiegen. Für Götz ist aber das Tempo der Malerei kein Selbstzweck, sondern immer nur gerechtfertigt durch das Resultat: „Schnelles Arbeiten nicht ... um zu sagen ‚Ich bin der schnellste Maler der Welt’, sondern ich brauchte die Schnelligkeit, um gewisse Formelemente, Spritzer, Schleifen zu erreichen, die ich mit langsamem Malen gar nicht hätte erreichen können. ... die Schnelligkeit als Mittel zum Zweck.“ Die momenthaft gebannte Geschwindigkeit des Malvorgangs mit seinen akzidentellen Spuren verhindert jeglichen Eindruck von Endgültigkeit; der ständige Wechsel zwischen Negativ und Positiv, Hinten und Vorne, etc., den diese Bilder dem Auge abverlangen, machen Dynamik und Wandel zum zentralen Sujet von Götz’ Malerei seit 1952. Das Bild steht für sich selbst als autonome, energetische Schöpfung jenseits aller inhaltlichen und formalen Anlehnung an die gegenständliche Welt.

Kiva, Mischtechnik auf Leinwand, 1962, 150 x 200 cm

Werke von Karl Otto Götz

Das mit Abstand früheste Werk in dieser Ausstellung ist „Kiva“ von 1962. Es variiert, charakteristisch für die Werkphase der frühen sechziger Jahre, die Faktur des Wirbels, die hier, mit schnellen kurzen Bewegungen vielfach wiederholt, ein unförmiges Knäuel bildet, welches einer großen, schwarzen Fläche am rechten Bildrand fast wie ein lebendes Wesen gegenübertritt. „Kiva“ macht deutlich, wie weit diese Malerei entfernt ist von den Action Paintings etwa eines Jackson Pollock mit ihrem schwerpunktlosen „all over“. Bei Götz indessen formieren sich die Pinsel- und Rakelzüge stets zu kalkulierten Konstellationen, die eine bildimmanente, oft dramatische Spannung aufbauen und diese meist, zu den Rändern hin, wieder auflösen.

Die anderen hier gezeigten Gemälde und Gouachen stammen aus den achtziger und neunziger Jahren; das jüngste, „Ilph VI“, entstand 2001. Bildmotive, Fakturen und Schemata aus dem gesamten Götz’schen Oeuvre tauchen auf und führen beispielhaft die vielfältigen Aspekte seiner Kunst vor Augen: etwa die kollisionsartige Überkreuzung zweier diagonaler Gegenbewegungen in „KEPHA“ (1985); die fast kalligraphischen, sparsam-meditativen Pinselgesten in „Tolph II“ (1996); oder der heftig aus tiefem Schwarz hervorbrechende rötliche Strudel in „Item“ (1996). Im Vergleich zu älteren Bildern fällt in den neueren ihre stärkere Farbigkeit auf sowie die bislang für Götz eher ungewöhnliche Kombination mehrerer Farben in einer Arbeit

Karl Otto Götz, der am 22. Februar 2009 seinen 95. Geburtstag feierte, malt nach wie vor regelmäßig in seinem Atelier, wo großformatige, kraftvolle Bilder entstehen. Hierbei helfen ihm seine Frau, die Malerin Rissa, und ein Assistent, denn in den letzten Jahren hat Götz sein Augenlicht fast ganz verloren.

Mit seiner 1952 entwickelten Maltechnik steht ihm bis heute ein ideales Verfahren zur Verfügung, um immer wieder neue, unverbrauchte Ausdrucksformen hervorzubringen.

                                                                                                                                                                            Sabine Schütz

Item, Mischtechnik auf Leinwand, 1996, 70 x 60 cm

K. O. Götz vor der Weinlage Honigsack im Weingut Karl-Heinz Gaul, Mai 2008

Gedicht von K. O. Götz für  Wolfgang Thomeczek

Turm-Edition Nr. 1-18, Mischtechnik, auf Karton, 21 x 31 cm, K. O. Götz, 2008, recto signiert, verso signiert und betitelt

Tyrin, Mischtechnik auf Leinwand, 2000, 65 x 65 cm

Deetam, Mischtechnik auf Papier, 1995, 35 x 26,5 cm

Hylph IV, Mischtechnik auf Papier, 1999, 35 x 26,5 cm